Wahlbetrug in Deutschland?
Von jali
Die Alternative für Deutschland rüstet sich verbal scheinbar schon mal dafür, am 22. September an der 5%-Hürde zu scheitern. Auf Facebook und anderen werden unter anderem Links wie dieser verbreitet, die belegen sollen, dass in Deutschland in großem Stil Wahlbetrug betrieben wird, um den Einzug misliebiger Parteien (als solche sieht sich die AfD) in das Parlament zu verhindern.
Nun ist es unbestreitbar so, dass die Briefwahl fehleranfälliger ist, als die Wahl im Wahllokal. Sie ist auch nur als Notmöglichkeit vorgesehen, die Bürger nutzen können, die aus irgendwelchen Gründen nicht selber zur Wahl gehen können.
Manipulationen bei der Briefwahl, wie das Fälschen von Wahlscheinen, wäre zwar, wie beschrieben möglich, ist aber sehr unwahrscheinlich, da der Betrug im Nachhinein auffallen würde: Wahlbriefe mit Fantasienamen würden im Wählerregister nicht auftauchen, was bedeutet, dass mehr Wahlscheine ausgegeben wurden, als Wähler im Wählerregister stehen. Das würde natürlich auffallen.
Was die meisten “Wahlbetrugstheoretiker” hier unterschlagen: Auch die Briefwählerstimmen werden selbstverständlich nicht von den Mitarbeitern des Wahlamtes ausgezählt, sondern von ehrenamtlichen Wahlhelfern. Genau wie in den Wahllokalen auch.
Desweiteren erschreckend ist die Unkenntnis mancher AfD Anhänge und Mitglieder, wie das Wahlsystem eigentlich funktioniert.
Klare Antwort Herr Bertram: Selbstverständlich. Der Wahlvorgang, und dazu gehört natürlich auch der Auszählvorgang sind öffentlich. Jeder kann sich das ansehen. Was bei den Wahlen geheim ist, ist die Stimmabgabe selbst: Sie dürfen also während des Wahlvorgangs nicht in die Wahlkabinen gehen, und gucken, wo die Wähler ihr Kreuzchen machen.
Auch Alexander Horn, der den Facebookthread angestoßen hat, gibt sich uninformiert:
Nein, auch das muss man nicht. Es würde ja auch dem Prinzip der Öffentlichkeit schaden. Allerdings hat der Wahlvorstand für die Dauer der Wahl das Hausrecht, und die Aufgabe darauf zu achten, dass der Wahlvorgang nicht gestört wird. Wenn eine Gruppe von 30 Leuten auftaucht, um die Wahl zu beobachten, wird der Vorstand vermutlich den Zugang für die Beobachter beschränken, damit die Wähler noch in den Raum können. Die Wahlbeobachtung an sich untersagen kann ein Vorstand aber nicht.
Wichtig bei der Wahlbeobachtung: Der Wahlbeobachter darf beobachten, sich aber in den Wahlvorgang nicht einmischen: Also keine Gespräche mit Wählern führen, oder sichtbare Kennzeichen von Parteien oder politischen Organisationen tragen. Fotografieren oder Filmen, oder auch Audioaufzeichnungen sind ebenso verboten. Das hat aber nichts damit zu tun, dass die Wahlhelfer nicht beobachtet werden wollen, wie man aus rechts-konservativen Kreisen gerne hört, sondern damit, dass schon die Frage ob ein Bürger zur Wahl gegangen ist oder nicht, dem Wahlgeheimnis unterliegt. Darum hat alles zu unterbleiben, was eine Idenifizierung von Wählern ermöglicht.
Was für abstuse Vorstellungen manche Leute haben, zeigt dann zum Schluss noch Partypate Susi Karlsruhe, die den Wahlhelfern vorsorglich gleich mit körperlicher Gewalt droht.
Das wäre in der Tat eine Störung des Wahlvorganges und neben der Körperverletzung die damit einhergeht eine nicht unerhebliche Straftat. Solche Kommentare aus den Kreisen einer Partei, deren Anhänger scheinbar an jeder Ecke einen Wahlbetrug vermuten, finde ich schon sehr befremdlich.